Posted on 4. August 2017 · Posted in

In dieser Arbeit wird das Thema des elektronischen Wählens in Österreich – oder auch „e-Voting.at“ genannt – umfassend behandelt. Diese Thematik stellt die Schnittmenge dreier Wissensgebiete dar – der Technik, des Rechts und der Gesellschaft. Isoliert gesehen macht eine Betrachtung keinen Sinn, denn:

  • die Technik bestimmt das Recht und die Gesellschaft,
  • das Recht und die Technik bestimmen die Gesellschaft und
  • Recht und Gesellschaft bestimmen die Technik.

Diese sich gegenseitig bedingenden Wissensfelder unter ein Dach zu bringen, ist die schwierige Aufgabe bei der Entwicklung eines e-Voting Systems.

Im Vergleich zu anderen Ländern spielt die elektronische Wahl in Österreich in der öffentlichen Diskussion noch eine untergeordnete Rolle. Vereinzelte Zeitungsartikel im Vorfeld von wichtigen Wahlen stellen die Ausnahme dar (wie zum Beispiel im Wiener Journal, S. 54, im Vorfeld der Nationalratswahl 2002).

Eine Ausnahme stellt auch der Bericht zur österreichischen „Informationsgesellschaft“ [KnGr97] dar, der 1997 vom Bundeskanzleramt in Auftrag gegeben wurde. In diesem wurde ein ambitioniertes Programm dargelegt, wie Österreich in das 3. Jahrtausend geführt werden sollte und dies war die erste relevante Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)-Strategie, die zentral organisiert und koordiniert wurde. Es wurde dabei eine breite Palette an wichtigen Themen diskutiert, wie e-Business, e-Government und sogar die e-Demokratie wurde angerissen. Die Arbeitsgruppe war sehr skeptisch, obwohl es einerseits positiv gesehen wurde, dass IKT die generelle Transparenz der Politik und der Verwaltung heben kann, aber dass andererseits die digitale Spaltung den allgemeinen Zugang verhindern könnte. Solange nicht völlige Sicherheit bei elektronischen Wahlen gewährleistet werden könne, sei e-Voting nicht einsatzfähig.

Die heutige österreichische IKT Strategie wird von der EU e-Europe Initiative dominiert [eEur99] und hat mit „e-Austria in e-Europe“ sein (technokratisches) österreichisches Pendant [MiRa00]. Dieses Programm wird von Professor Posch [Posc01], dem Chief Information Officer geführt. In keinem dieser jüngeren Dokumente wurde je wieder e-Voting erwähnt.

Derzeit fehlt auf nationaler Ebene der politische Wille für die Realisierung dieser Modernisierung der österreichischen Demokratie.

Grund hierfür dürften zwei Dinge sein. Erstens hat Österreich eine sehr strenge Regelung in Bezug auf die Distanzwahl und zweitens gibt es bei den Wahlen auf nationaler Ebene traditionell eine sehr hohe Wahlbeteiligung (siehe erstes Kapitel).

Wie in der Einleitung ebenfalls erläutert, müssen daher Organisationen wie die ÖH als Studentenvertretung selbst aktiv werden.

Das Resultat dieser Initiativ-Werdung ist bis jetzt zwar „nur“ eine umfassende rechtliche Regelung für elektronische Wahlen, die aber bereits von einer zweiten Körperschaft (der Wirtschaftskammer) in deren Regelwerk übernommen wurde.

Auf technischer Seite konnten noch keine so großen Erfolge erzielt werden. Allerdings herrschen in Österreich gute Rahmenbedingungen vor, auf denen aufgesetzt werden kann. So war Österreich das erste Land, dass die EU-Signaturrichtlinie umgesetzt hat und ist zusammen mit Deutschland führend bei der Implementierung von Signaturkarten im öffentlichen Bereich.

Dies ist auch notwendig, wie der technische Teil dieser Arbeit zeigt, denn De-sign und Realisierung eines e-Voting-Systems sind komplex und keinesfalls trivial, besonders wenn eine vollständige Lösung des Grundproblems ange-strebt wird. Die Trennung des identifizierten Prozesses der Wahlberechtigungs-prüfung von der anonymen Stimmabgabe macht einiges einfacher, aber auch manches schwieriger, was die Problematik der Zwischenspeicherung auf der Signaturkarte aufzeigt.

Die Zeit ist reif für elektronische Wahlen in Österreich, das zeigt sich auch deutlich an den Ergebnissen der Umfrage an der Wirtschaftsuniversität Wien. Bevor aber die nächsten Nationalratswahlen über das Internet abgehalten werden können, müssen zuvor in Österreich praktische Erfahrungen im Umgang mit elektronischen Wahlen gemacht werden. Wenn wir nicht heute selber die Erfahrungen im eigenen Land sammeln, müssen wir in zehn oder mehr Jahren auf ausländische Lösungen für den wichtigsten Prozess eines demokratischen Lan-des zurückgreifen.

Schlussendlich bedarf die allfällige Einführung von e-Voting, ob in Österreich oder in einem anderen Land, einer politischen Diskussion, die nicht leichtfertig geführt werden darf. Die Demokratie ist ein fragiles System, wie es die letzten Präsidentenwahlen in den Vereinigten Staaten gezeigt haben. Sie stellt nicht ohne Grund hohe Anforderungen an die Wahl- und Abstimmungssysteme. Missbräuche wie der Wahlbetrug oder die Verletzung des Wahlgeheimnisses müssen verhindert werden.

Wenn auch lange über die mögliche Steigerung der Wahlbeteiligung und über mögliche Risiken diskutiert wird – bis es erste Erfahrungen aus realen Wahlen – wie es die ÖH-Wahlen darstellen – gibt, bleiben nur theoretische Gedankenmodelle, die sich in der Praxis erst bewähren müssen.

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